Workshops und Surveys im Frühjahr und Herbst 2013
Das seit 2008 laufende Projekt zur Institutionalisierung der Archäologie in Bhutan konnte auch 2013 mit entscheidenden Kooperationen und Feldarbeiten weitergeführt werden. Das Projekt umfasst sowohl wissenschaftliche Forschungen als auch die Ausbildung lokaler Mitarbeiter in der praktischen Archäologie und unterstützende Administrationsarbeiten. Von der SLSA werden die wissenschaftlichen Arbeiten finanziert. Die Ausgaben der bhutanischen Kulturbehörde für Infrastruktur, Ausrüstung und Ausbildung ihres Personals werden grosszügig von der Share Foundation über Helvetas Bhutan beglichen.
Während einer zweiwöchigen Lehrveranstaltung im Oktober 2013 wurden die bhutanischen Studenten von den Archäologen Peter Fux (Museum Rietberg) und Christoph Walser (Universitäten Zürich und Bamberg) in die Themen der Dokumentation und Inventarisierung sowohl von archäologischem Fundmaterial als auch von Dokumentationsunterlagen eingeführt. Die Schulung fand in Thimphu stat. Die bhutanischen Kollegen lernten die theoretischen Grundlagen und Voraussetzungen für das angemessene Funktionieren von digitalen und physischen Archiven. In Übungsblöcken benutzten die Studenten zur Verfügung gestellte geografische Informationssysteme und Datenbanken und fügten bereits vorhandene Ausgrabungs- und Prospektionsdaten in die Datenbanken ein. Was das modular aufgebaute Ausbildungskurrikulum betrifft, das von der Abteilung für Prähistorische Archäologie von der Universität Zürich unter Prof. Philippe Della Casa erarbeitet wurde, fehlen nun nur noch zwei Module, damit die Studenten ein angemessenes Wissen über die praktische Feldarchäologie haben und, nach Einreichen einer selbständig verfassten Abschlussarbeit, mit einem entsprechenden Zertifikat ausgezeichnet werden können. Die letzten theoretischen Lehrmodule sind für den Herbst 2014 geplant.
Im Frühjahr und im Herbst 2013 konnten bei der Burgruine Chubjakha Dzong bei Paro in Westbhutan praktische Lehrmodule zum Thema der archäologischen Vermessung und Dokumentation durchgeführt werden. Die zwölf bhutanischen Studenten, die fast alle bereits im Kulturministerium angestellt sind, lernten vom Archäologen Christian Bader den Umgang mit einer Totalstation und das grundlegende Vermessungs- und Dokumentationshandwerk. Es zeichnet sich klar ab, dass die riesige Ruine mit den teilweise noch mächtigen Mauern von grosser historischer Bedeutung für das Land ist. Die Anlage ist jedoch durch den Bau eines geplanten Schulungszentrums für die nationale Filmindustrie ernsthaft bedroht, weshalb die denkmalpflegerische Inventarisierung für deren Erhalt sehr dringlich ist. Es handelt sich um eine der eindrücklichsten alten Festungsanlagen des Landes.
Für die Archäologie der Himalaya-Region sicherlich von grosser Bedeutung sind die Entdeckungen, welche die Archäologen Peter Fux und Christoph Walser, zusammen mit Namgyel Tshering (Helvetas Bhutan), während ihrer Prospektionsunternehmung im Oktober 2013 in Bumthang und im Phobjikha-Tal machen konnten. Auf den Spuren mündlich überlieferter Sagen stiessen die Forscher auf riesige Grabhügelanlagen, wie sie bis anhin nur im Hochland von Tibet bekannt sind. Interessant sind die historischen Bedeutungsüberprägungen dieser Plätze aus der Zeit der Verbreitung des Buddhismus. Doch zeigt sich derzeit auch in aller Deutlichkeit, dass selbst in Bhutan archäologische Zeugnisse von Raubgräbern und Zerstörung äusserst bedroht sind. Es ist deshalb wichtig, dass die Bemühungen der SLSA zur Institutionalisierung der Archäologie und der Implementierung denkmalpflegerischer Gesetze in Bhutan rasch Resultate zeigen.
Zusammen mit Namgyel Tshering (Helvetas Bhutan) unternahmen Barbara und Eberhard Fischer einen Prospektionsmarsch im Distrikt Zhemgang im abgelegenen und touristisch kaum besuchten Süden des Landes. Erwähnenswert ist dort das imposante Anwesen der Khoche-Aristokraten im Dorf Bjoka. Das dreistöckige Wohnhaus aus rötlichen Bruchsteinen ist heute das wohl eindrücklichste Zeugnis des feudalen Bhutan im Süden des Landes. Fürsten des Khoche-Clans kontrollierten Jahrhunderte lang den grössten Bereich der Region Kheng, wo er für die Regierung Steuern eintrieb, und noch Mitte des 19. Jahrhunderts Raubzüge ins südlich angrenzende Assam unternahm. Zwar sind einige Holzanbauten nicht mehr vorhanden, und auch das Blechdach ist neusten Datums, doch sollte dieses Anwesen dringend unter denkmalpflegerischen Schutz gestellt werden.